| „Inwieweit sind die Vorgaben und Ziele des sächsischen Lehrplanes Sport des Gymnasiums im Schulalltag realisierbar, umgesetzt und von den Schülern erwünscht?“ Mit dieser Problemfrage hat sich die Schülerin Clara Hörold, von der Werner-Heisenberg-Schule in Leipzig, im Zuge ihrer Facharbeit in der Jahrgangsstufe 11 beschäftigt. Das Ergebnis der damit einergehenden Schülerumfrage möchten wir Euch an dieser Stelle vorstellen.
Als einziges Bewegungsfach leistet der Sportunterricht seinen spezifischen Beitrag für einen gesunden Körper und eine komplexe Persönlichkeitsentwicklung. Deshalb sollte Sportunterricht mehr als die eine obligatorische Pflichtstunde in der Schulwoche sein – wie es bisher womöglich der Fall ist?
Deswegen hab ich mich der Frage angenommen, ob die ambitionierten Vorgaben und Ziele des sächsischen Lehrplanes Sport des Gymnasiums überhaupt im Schulalltag realisierbar, tatsächlich umgesetzt und von den Schülern erwünscht sind. Dabei habe ich mich auf die Sekundarstufe I also die Klassen 5-10 spezialisiert.
Um die Meinungen, Wünsche, Vorstellungen und Verbesserungsvorschläge anderer Schüler zu erfassen, habe ich eine Online-Umfrage erstellt und diese mithilfe meines Betreuers an viele Schulen Leipzigs verteilt. Insgesamt haben 256 Schüler der Klassenstufen 8 bis 11 aus 20 verschiedenen Schulen an der Umfrage teilgenommen. Davon haben 211 Teilnehmer die Umfrage vollständig abgeschlossen, wobei zwei Drittel weiblich und ein Drittel männlich waren.
Im Folgenden möchte ich ausgewählte Umfrageergebnisse kurz darstellen:
Zufriedenheit der Schüler mit dem Sportunterricht
Auf einer Skala von 1-100 sollten die Schüler die Zufriedenheit mit ihrem Sportunterricht der Sekundarstufe I angegeben. Es ergab sich ein Mittelwert von 53,66, wobei deutlich auffällt, dass die Jungen mit einem Durchschnittswert von rund 61 viel zufriedener sind als die Mädchen mit knapp 50. Hierbei zeigt sich, dass insbesondere der Sportunterricht der Mädchen verbesserungswürdig ist. Aufgrund der höheren Teilnehmeranzahl und der Wortmeldungen wird deutlich, dass die Mädchen an der Optimierung ihres Sportunterrichtes sehr interessiert sind.
Beurteilung ausgewählter Sportarten
Anschließend sollten die traditionellen Sportarten des Lernbereiches Typ 1 beurteilt werden.
Aus den Ergebnissen ist ersichtlich, dass die Sportarten Leichtathletik, Basketball und Turnen bei fast allen befragten Schülern unterrichtet wurden, während die Sportarten Badminton und Floorball bislang nur rund zwei Drittel der befragten Schüler im Unterricht hatten.
Stellt man die negativen Antworten den positiven gegenüber, wird ersichtlich, dass fast alle der ausgewählten Sportarten den Schülern grundsätzlich gefallen. Insgesamt sind die Sportspiele, wie Volleyball und Basketball bei beiden Geschlechtern sehr beliebt, wobei Badminton im Verhältnis zur Häufigkeit im Unterricht die größte Zustimmung findet. Hingegen haben die Mädchen die Leichtathletik, insbesondere aufgrund der zu hohen Anforderungen und der Benotung, am schlechtesten bewertet. Den Jungen gefällt Turnen am wenigsten, weil sie diese Sportart vor allem als zu langweilig oder uninteressant empfinden.
Die Unterrichtsgestaltung des Lehrers wurde vor allem bei Basketball, Fitness und Floorball als Kritikpunkt angesehen, denn „die Umsetzung bietet zu wenig Vielfalt, zu wenig Anwendung, zu allgemeines Training“. In weiteren Wortmeldungen werden vor allem prägnante Leistungsunterschiede der Schüler deutlich. Die Schüler, die die Anforderungen als zu hoch einschätzen und sich damit überfordert fühlen stehen meist denjenigen gegenüber, die die Sportart oder den Unterricht als zu langweilig empfinden. Aufgrund von „zu großen Klassen“, „zu wenig Zeit“ und „unnötigem Druck“ fühlen sich viele Schüler als nicht ausreichend individuell gefordert und gefördert.
Sportartenwünsche
Weiterhin konnten die Schüler aus einer Auflistung von Trendsportarten auswählen, welche sie gerne im Rahmen des Schulsportes ausüben würden. Im Durchschnitt wählte jeder Schüler ungefähr 5 Sportarten. Die vielen Meldungen zeigen, dass unabhängig von der Zufriedenheit mit dem Sportunterricht, die Auswahl der Trendsportarten des Lernbereiches Typ 2 bei fast allen Schülern auf große Zustimmung stieß.
Beide Geschlechter favorisieren die Sportarten Selbstverteidigung, Kampfsport, Trampolin, Schwimmen, Klettern und Tennis. Die Mädchen wählten zusätzlich insbesondere Tanzen, Eislaufen und Yoga/Pilates. Die Jungen präferieren hingegen vor allem Parkour und Tischtennis
Beurteilung der Ziele des Lehrplanes
Anschließend sollten die Schüler elf der im Lehrplan definierten Ziele auf das Vorhandensein und deren Wichtigkeit prüfen und beurteilen.
Ungefähr die Hälfte der Befragten sehen die Ziele Ausgleich zum Sitzen / Auspowern, Erlernen von sportartspezifischen Techniken, Vermittlung der Sporttheorie sowie Team- und Kommunikationsfähigkeit in ihrem Sportunterreicht als erfüllt an. Oftmals nicht erfüllt sind hingegen die Ziele Inspiration für mögliche neue Sportart und Umgehen mit Wettkampfsituationen / Konflikten / Regelverstößen.
Betrachtet man die Bedeutung, die die Schüler den aufgeführten Lernzielen beimessen, wird deutlich, dass vor allem die Freude am gemeinsamen Sportreiben als wichtig angesehen wird. Wobei die Jungs tatsächlich deutlich mehr Spaß im Sportunterricht haben, als die Mädchen. Die größte Diskrepanz ist bei der Förderung von Gesundheit/ Gesundheitsbewusstsein zu verzeichnen, denn die meisten sehen dieses Ziel als nicht erfüllt aber sehr wichtig an. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die meisten Ziele des Lehrplanes von den Schülern als wichtig empfunden werden, im Schulalltag aber meist nur teilweise erfüllt sind.
Sportstundenwünsche
Weiterhin sollten die Schüler angeben, wie viele Sportstunden pro Woche sie als angemessen empfinden würden.
Dabei ist ersichtlich, dass sich ungefähr die Hälfte zwei oder weniger Stunden in der Woche wünschen. Allerdings fände die andere Hälfte, vor allem die Jungen, drei oder mehr als angemessen und damit mehr als die Vorgabe des Kultusministeriums. In den Wortmeldungen kommt insbesondere das doch sehr ausgeprägte Gesundheitsbewusstsein der Schüler zum Ausdruck. Sport würde eine gesunde Abwechslung, einen guten Kontrast und essentiellen Ausgleich zum sonst sehr eintönigen, langweiligen, täglichen Rumsitzen und zur geforderten Konzentration sowie dem Stress im Schullalltag sein.
Sport in der Freizeit und Zukunft
Insgesamt treiben drei Viertel der befragten Schüler in ihrer Freizeit regelmäßig Sport. Allerdings nahm ihr Sportunterricht größtenteils keinen Einfluss auf diese Entscheidung. Viele betreiben ihre Sportart aufgrund eigener Motivation und leider nicht, weil ihr Sportunterricht sie inspiriert hat. Schon eher haben manche Schüler aus der Intention heraus, ihre Note zu verbessern, mit außerschulischem Sport angefangen.
Zwei Drittel der befragten Schüler kann sich zudem vorstellen weiterhin Sport zu treiben. Der Großteil der Schüler betonte erfreulicherweise die Bedeutung des Sportes für die körperliche und geistige Gesundheit. Viele haben Freude an der Bewegung und ihren Sportarten und schätzen den körperlichen Ausgleich zu einseitigen Alltagsbelastungen. Aus vereinzelten Wortmeldungen ging hervor, dass die Sportlehrer ihre Schüler für ein Sporttreiben in der Freizeit begeistern konnten.
Fazit
Aufgrund meiner Umfrage bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass fast alle befragten Schüler grundsätzlich ein Interesse an sportlicher Betätigung äußerten, jedoch mit der Umsetzung ihrer Interessen und Wünsche im Rahmen des Sportunterrichtes teilweise unzufrieden sind.
Die vornehmlichen Gründe liegen nicht an den inhaltlichen Vorgaben des sächsischen Lehrplanes. Im Gegenteil weist dieser sehr viele Ansatzpunkte auf, die von den Schülern gewünscht aber im aktuellen Sportunterricht zumeist vermisst werden. Wie zum Beispiel die Sportartenauswahl: Die Schüler äußerten – im Gegensatz zu den überwiegend angebotenen Sportarten – großes Interesse an neuen innovativen Bewegungsformen. Damit der Sportunterricht ein Erfolg wird, sollten die Lehrer demzufolge den Unterricht abwechslungsreich und vielfältig gestalten, sodass dieser für die Schüler eine Motivation, Anregung, Inspiration und Abwechslung darstellt.
Jedoch ist umfassende Umsetzung der Lehrplanziele und die Erfüllung der Schülerwünsche nahezu unmöglich. Neben ausreichender Unterrichtszeit fehlt es oft an materiellen Ausstattungen der Schulen. Hierbei sind insbesondere politische Maßnahmen gefragt, welche sich nicht – wie etwa die Stundenkürzung – negativ im Schulalltag auswirken.
Ein erfolgreicher Sportunterricht ist aber nicht nur vom Engagement der Lehrer und der Politik abhängig, sondern erfordert auch die Motivation und Leistungsbereitschaft der Schüler. Sie sollten sich auf Neues einlassen und auch Sportarten, die vielleicht nicht ihre Lieblingssportarten sind, aktiv mitgestalten.
Die Schüler äußerten insgesamt ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein und sind sich mehrheitlich der Bedeutung der sportlichen Betätigung bewusst. Sie verwirklichen jedoch ihre Sportbegeisterung eher in der Freizeit aufgrund von mangelnder Inspiration und Motivation im Sportunterricht.
Durch das Vorhaben der meisten Schüler, auch in Zukunft sportlich aktiv sein zu wollen, ist das Idealziel – das selbständige und lebenslange Sporttreiben – aber weitestgehend erfüllt.
Der Vorstand des Sportlehrerverbandes Sachsen bedankt sich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei der Schülerin und Autorin dieser Facharbeit: Liebe Clara, wir hoffen das Du deinen Berufswunsch Sportlehrerin weiterhin zielstrebig folgen wirst und freuen uns darauf, von Dir in absehbarer Zeit wieder im Verband zu hören.