| Jedes sechste Kind hat pandemiebedingt zugenommen! Das Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (EKFZ) der Technischen Universität München und die Deutsche Adipositasgesellschaft (DAG) veröffentlichten heute, den 31.05.2022 ihre alarmierenden Ergebnisse einer gemeinsamen Forsa-Umfrage im Zeitraum vom 28. März bis 11. April 2022.
Dabei wurden 1004 Eltern von Kindern zwischen 3 und 17 Jahren befragt und bei 8 von 15 Fragen gleichlautende aus einer Umfrage des EKFZ aus dem Jahr 2000 gestellt. Somit konnten Entwicklungstendenzen noch besser nachvollzogen werden. (Link zur Pressemitteilung)
Im Zentrum der Umfrageergebnisse kristallisierten sich die negativen Auswirkungen der Pandemie auf das Ess- und Bewegungsverhalten der Kinder- und Jugendlichen mit deutlichen Folgen auf deren Gesundheit heraus. Vor allem vom Ausmaß der Gewichtszunahme waren die Auftraggeber (EKFZ, DAG) der Umfrage überrascht, da ein solcher Anstieg bisher noch nicht beobachtet wurde.
Der Umfrage nach ist fast jedes sechste Kind in Deutschland im Laufe der Corona-Pandemie dicker geworden. Besonders stark ist mit fast einem Drittel davon die Altersgruppe der Zehn- bis Zwölfjährigen betroffen, aus sportmotorischer Sicht besonders fatal, da es sich hierbei um die Zeit des besten motorischen Lernalters handelt.
Zudem bewegen sich nach den Ergebnissen der Studie fast die Hälfte der Kinder weniger als zuvor und etwa ein Viertel isst seither mehr Süßigkeiten als vor der Pandemie. Dadurch verschlechterte sich bei einem Drittel der Kinder die körperlich sportliche Fitness deutlich. Nur 10 Prozent der Mädchen und 17 Prozent der Jungen zwischen 11 und 15 Jahren erreichen noch die Bewegungsempfehlung der WHO von 60 Minuten Bewegung täglich.
Während der Pandemie stieg überdies bei zwei Drittel der Kinder als „Ersatz“ für Bewegung der Medienkonsum deutlich an. Das Problematische daran, dieser „Ersatzkonsum“ hat sich laut der in der Umfrage befragten Eltern bei ihren Kindern nicht als vorübergehender Effekt beobachten lassen, sondern sich seither verfestigt. Heißt, neue Gewohnheiten werden einfach beibehalten. Besonders deutlich sei dies bei einkommensschwächeren Familien festzustellen. Außerdem ließen sich auch negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen beobachten. Interessanterweise kamen die Ergebnisse zweier vom Sportlehrerverband Sachsen betreuter Schülerfacharbeiten im Frühjahr 2022 zu ähnlichen Ergebnissen, die hiermit eine weitere Bestätigung erfahren. (Link 1 – Lockdown und Psyche und Link 2 – Sportliche Aktivitäten)
Das EKFZ und die DAG fordern deshalb von der Bundespolitik, die Folgen der Pandemie nicht tatenlos hinzunehmen, sondern bundesweite Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um nicht die Gesundheit einer ganzen Generation zu gefährden. Im Fokus stehen dabei die Besteuerung von Zuckergetränken, Werbeverbote für ungesunde Lebensmittel und die Übernahme von Adipositas-Therapien durch Krankenkassen.
Als Sportlehrerverband Sachsen fühlen wir uns (leider) erneut in unseren Beobachtungen und Wortmeldungen der letzten Jahre bestätigt und bedauern gleichzeitig, dass vom EKFZ und der DAG nicht sogleich auch eine Forderung nach mehr Bewegung, insbesondere über den als einzigen alle Kinder und Jugendlichen erreichenden Schulsport, an die Bundespolitik gerichtet wird. Vielleicht kennt man die Problematik des Länderföderalismus und die schleichende Kürzung des Sportunterrichts, wie er auch in Sachsen 2019 trotz unserer Petition ein Stück weiter vorangetrieben wurde. Dennoch sollten wir diesen Tendenzen nicht weiter wort- und tatenlos zusehen. Auch wenn andere Themen aktuell dringlicher zu seien scheinen, sollten wir die sportliche und gesundheitliche Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen nicht weiter wissentlich aufs Spiel setzen und stattdessen endlich handeln. Denn mit mehr Sport und Bewegung würde sich so manches Gesundheitsproblem von ganz alleine lösen und die Finanzierung von beispielsweise teuren Adipositas-Therapien und anderen Gesundheitsleistungen von vornherein überflüssig machen. Wir fordern deshalb erneut die sachsen- und gerne auch bundesweite Stärkung der Schulsports und für Sachsen mindestens die flächendeckende Wiedereinführung der dritten Sportstunde über alle Klassenstufen und Schulformen hinweg. Dies wäre ein wichtiger, richtiger und überfälliger Schritt, den die Landespolitik gehen sollte, wenn Sie es wirklich ernst meint und ihr die sportliche und gesundheitliche Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen tatsächlich wichtig ist. Vielleicht erreichen wir dann auch wieder die Empfehlungen der WHO, entlasten gleichzeitig das Gesundheitssystem und sorgen in Zeiten von immer weiter zunehmendem Fachkräftemangel für die Gesunderhaltung unserer zukünftigen Arbeitsgeneration.
Wir bleiben bewegt! Euer Sportlehrerverband